Krankenhausstandort Wertheim
Die Rotkreuzklinik hat Anfang September 2023 Insolvenz angemeldet. Stadtverwaltung, Gemeinderat, Ärzteschaft und Bürgerschaft kämpften monatelang gemeinsam für den Erhalt der Grund- und Regelversorgung und der Notfallversorgung in Wertheim. Erklärter Wille war die Übernahme des Krankenhauses in städtische Trägerschaft. Doch die Bemühungen scheiterten. Im Juni 2024 wurde die Einrichtung geschlossen.
Inzwischen hat die Stadt das Klinikareal auf Beschluss des Gemeinderats vom 12. August erworben. Das Nutzungskonzept beinhaltet die Einrichtung einer Grund-, Regel- und Notfallversorgung und einer bariatrischen Fachabteilung sowie den Aufbau einer stationären neurologischen Rehabilitation. Betriebsstart soll Ende 2024 / Anfang 2025 sein. Das bestehende Dialysezentrum wird fortgeführt.
"Wir bekommen ein voll funktionsfähiges Krankenhaus", fasste Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez die Dimension des medizinischen Konzepts zusammen, als er am 14. August gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden über die aktuellen Beschlüsse des Gemeinderats informierte. Hier die ausführliche Pressemitteilung.
Die weiteren Meilensteine:
- Der Kaufvertrag für das Krankenhausareal wurde vier Wochen nach dem Gemeinderatsbeschluss, am 12. September, unterzeichnet und notariell beurkundet, zur Pressemitteilung.
- Seit 27. September liegt die Genehmigung des Landes für die Wiederaufnahme des Krankenhausbetriebs vor, zur Pressemitteilung.
- Am 28. Oktober hat der Gemeinderat der Ausgleichs- und Betrauungsvereinbarung zugestimmt, die mit einem jährlichen Zuschuss von 2,75 Mio. Euro den Betrieb der Notfallversorgung sichert, zur Pressemitteilung.
- Am 18. November wurden die Mietverträge für den Neustart des Krankenhauses als Bürgerspital Wertheim unterzeichnet, zur Pressemitteilung.
- Anfang Dezember hat als erste Einrichtung im neuen Bürgerspital die Küche von Mediclin ihren Betrieb aufgenommen, zur Pressemitteilung.
Fragen und Antworten
Letzte Aktualisierung: 10. Dezember
Warum hat die Stadt Wertheim die ehemalige Rotkreuzklinik gekauft?
Die Stadt will, dass der Standort weiterhin der Gesundheitsversorgung der Bürgerschaft dient und auch die Versorgung von Notfällen ermöglicht. Und sie will selbst die Kontrolle über die künftige Entwicklung des Areals haben. Sehr rasch, nachdem Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez diese Ziele am 21. Juni öffentlich erklärt hatte, meldeten sich potenzielle Nutzer und Mieter für die Krankenhausflächen. Innerhalb weniger Wochen entstand ein Konzept zur Belegung des kompletten Gebäudes mit medizinischen Leistungen einschließlich Wiederaufnahme der Grund-, Regel- und Notfallversorgung. Auf dieser Grundlage fasste der Gemeinderat am 12. August den Kaufbeschluss.
Wie hoch ist der Kaufpreis?
Über den Kaufpreis haben Stadt und Insolvenzverwalter Stillschweigen vereinbart. Der Betrag liegt unter dem im Frühjahr 2024 unabhängig ermittelten Wert. Er umfasst Grundstück, Gebäude und Inventar. Das Grundstück ist rund 3,5 Hektar groß, die Gesamtfläche des Gebäudes beträgt 16.600 qm.
Der Neubau im Stadtteil Reinhardshof wurde im Mai 2016 bezogen. Er hat rund 46 Mio. Euro gekostet. Das Land Baden-Württemberg hat den Neubau mit rund 34 Mio. Euro gefördert.
Wer ist neuer Eigentümer?
Im Auftrag der Stadt hat die Stadtentwicklungs-Gesellschaft Wertheim (STEG) das Krankenhausareal erworben. Sie ist künftig für Verwaltung und Vermietung der Flächen zuständig. Das Darlehen zur Bezahlung des Kaufpreises sichert die Stadt über eine Bürgschaft ab. Der Kaufpreis soll langfristig über Mieteinnahmen refinanziert werden.
Wie sieht das medizinische Konzept für das künftige Krankenhaus aus?
Die Stadt vermietet die Flächen langfristig an drei Partner:
- Die Westfalenklinik-Gruppe will unter der Bezeichnung „Bürgerspital Wertheim“ ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit 80 Betten für Chirurgie und Innere Medizin betreiben und die Notaufnahme im früheren Umfang, einschließlich Stroke Unit, sicherstellen. Zusätzlich richtet die Klinikgruppe ein Zentrum für bariatrische Chirurgie – also die stationäre Behandlung von Adipositas-Patienten - im Umfang von 15 Betten ein. Betreiber des Bürgerspitals wird eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Wertheim sein.
- Die Mediclin AG richtet eine stationäre neurologische Rehabilitation ein. Vorgesehen sind 88 Betten plus die erforderlichen Therapieflächen. Mediclin wird auch Küche und Cafeteria der Klinik betreiben.
- Das bereits bestehende Dialysezentrum bleibt erhalten.
- Die bestehende Notfallpraxis bleibt erhalten, sofern der Klinikstandort mit einer Notaufnahme fortgeführt wird - so die Zusicherung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW).
Damit sind alle Flächen des Krankenhausgebäudes ausgelastet und die beiden Partner Westfalenklinik-Gruppe und Mediclin profitieren wechselseitig von vielen Synergien.
Visualisierung des Medizinischen Konzepts als PDF-Download:
Wann startet der neue Krankenhausbetrieb?
Der Betrieb wird ab Dezember stufenweise hochgefahren.
Das Bürgerspital hat am 10. Dezember mit dem Testbetrieb für die bariatrische Abteilung begonnen. Ab Januar wird dann der allgemeine Krankenhausbetrieb mit Grund- und Regelversorgung schrittweise hochgefahren.
Die Notfallversorgung im vollen Umfang eines 24/7-Betriebs folgt abhängig von der Genehmigung des städtischen Haushalts und der Ausgleichs- und Betrauungsvereinbarung durch das Regierungspräsidium Stuttgart.
Mediclin startet mit seiner neurologischen Rehabilitation stufenweise ab Januar, abhängig von der Personalkapazität.
Die Küche ist seit Anfang Dezember wieder in Betrieb. Sie versorgt nicht nur das Krankenhaus, sondern kann auch Kunden wie Seniorenheime, Pflegedienste und Schulen beliefern.
Die Cafeteria öffnet auch für externe Besucher am 7. Januar.
Das seit 2019 bestehende Dialysezentrum setzt seine Arbeit fort und freut sich auf die Kooperation mit den neuen Partnern.
Wie sieht die Wertheimer Ärzteschaft das Konzept?
Die Wertheimer Ärzteschaft begrüßt das neue Konzept und unterstützt es durch vielseitige Kooperationen. Insbesondere aus dem Betrieb des Bürgerspitals ergeben sich viele positive Wechselwirkungen.
Bei einem Treffen zwischen den Krankenhaus-Partnern und den niedergelassenen Haus- und Fachärzten im September wurde eine Verstetigung des Austauschs als Grundlage für eine gute Kooperation vereinbart. Mehr dazu in der Pressemitteilung.
Wie steht das Land zum Krankenhaus-Neustart in Wertheim?
Die Genehmigung durch das Sozial- und Gesundheitsministerium ist entscheidend, denn von ihr hängt die Aufnahme des Bürgerspitals Wertheim in den Landeskrankenhausplan ab. Dieser wichtige Meilenstein ist seit 27. September erreicht, mehr dazu in der Pressemitteilung.
In ersten Stellungnahmen schon im August hatte sich das Ministerium zustimmend geäußert, auch von Seiten der Kostenträger (Krankenkassen) gab es positive Signale.
Steht ausreichend Personal zur Verfügung?
Der neue Krankenhausbetrieb schafft bzw. sichert etwa 240 Vollzeit-Arbeitsplätze. Ehemalige Beschäftigte der Rotkreuzklinik, denen infolge der Insolvenz gekündigt wurde, haben hier ebenso eine Perspektive wie „Rückkehrer“. Initiativbewerbungen sind ebenfalls willkommen.
Sowohl die Westfalenklinik-Gruppe mit dem Bürgerspital Wertheim wie auch Mediclin haben Stellenportale eingerichtet, auf denen sie über berufliche Perspektiven in ihren Einrichtungen in Wertheim informieren.
Warum braucht das Bürgerspital einen jährlichen Zuschuss?
Der Betrieb einer Notaufnahme ist immer defizitär, weil dafür viel Fachpersonal rund um die Uhr bereitgehalten werden muss. Das Bürgerspital macht deshalb einen Unterstützungsbedarf von 2,75 Mio. Euro jährlich für den Betrieb der Notfallversorgung geltend. Dies wird in einer EU-beihilferechtskonformen Ausgleichs- und Betrauungsvereinbarung zwischen der Stadt Wertheim und der Bürgerspital Wertheim gGmbH geregelt.
Diese Vereinbarung hat der Gemeinderat am 28. Oktober einstimmig beschlossen. Sie muss nun noch durch das Regierungspräsidium Stuttgart genehmigt werden. Voraussetzung dafür ist die ausreichende Leistungsfähigkeit des städtischen Haushalts.
Kann die Stadt das finanziell leisten?
Den jährlichen Defizitausgleich von 2,75 Mio. Euro kann die Stadt nicht alleine schultern. Sie ist bei der Finanzierung der Notfallversorgung dringend auf Unterstützung angewiesen. Die Stadt setzt auf die erhebliche finanzielle Unterstützung durch den Landkreis sowie auf Solidarbeiträge der Nachbarkommunen, die ebenfalls von der Wiedereinrichtung der Notaufnahme profitieren.
OB Herrera Torrez ist auf diese Zusammenhänge bei Einbringung des Haushalts am 21. Oktober eingegangen, mehr dazu in der Pressemitteilung.
Inzwischen hat der Landkreis Unterstützung in Aussicht gestellt: Am 23. Oktober hat der Kreistag den Grundsatzbeschluss gefasst, der Stadt Wertheim einen zweckgebundenen Zuschuss zur Abfederung des Defizits der Basisnotfallversorgung zu gewähren. Die Höhe des jährlichen Unterstützungsbetrags war aber noch nicht Beratungsthema im Kreistag.
Deshalb wird die Stadt Wertheim den Haushalt für 2025 erst im März verabschieden. Bis dahin, so die Hoffnung, besteht Klarheit über die finanzielle Beteiligung des Landkreises am Defizit der Notfallversorgung. Auch die Gespräche über Solidarbeiträge der Nachbarkommunen dürften bis dahin weiter fortgeschritten sein, so dass die Mitfinanzierung der Notfallversorgung auf eine verlässliche Zahlengrundlage gestellt werden kann. Mehr dazu in der Pressemitteilung.