Neue Grundsteuer bringt Belastungsverschiebungen
Verwaltung informiert über Auswirkungen der Reform
Die Reform der Grundsteuer zwingt die Kommunen, ihre Hebesätze anzupassen. Für Wertheim wird der Gemeinderat darüber im Dezember entscheiden. Schon jetzt ist absehbar, dass es für die Steuerpflichtigen zu Belastungsverschiebungen kommt: Die einen müssen mehr, die anderen weniger zahlen. Einen Ausblick auf die Auswirkungen der neuen, ab 2025 geltenden Grundsteuer gab die Stadtverwaltung in der jüngsten Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses.
Auslöser für die Grundsteuerreform war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, erinnerte Thomas Schilling, Abteilungsleiter Abgaben, in seinen Ausführungen. 2018 hatte es das alte Modell, das auf einer Einheitsbewertung basierte, für verfassungswidrig erklärt. Baden-Württemberg hatte sich daraufhin als einziges Bundesland für ein reines Bodenwertmodell entschieden, bei dem die tatsächliche Nutzung und Bebauung keine Rolle spielt. In Wertheim sind von der Grundsteuer etwa 13.800 Grundstücke und knapp 10.000 Steuerpflichtige betroffen.
Da die Grundsteuerreform für die Kommunen aufkommensneutral sein soll, ihnen in der Summe also Einnahmen in etwa gleicher Höhe sichern soll, müssen die Kommunen die Hebesätze entsprechend anpassen. Dieser aufkommensneutrale Hebesatz wird für die Grundsteuer B in Wertheim nach Berechnungen der Verwaltung bei 590 v.H. liegen. „Vergleiche mit dem bisherigen Hebesatz sind wegen der veränderten Erhebungssystematik nicht möglich“, verdeutlichte Thomas Schilling. Das gelte auch für Vergleiche der Hebesätze mit anderen Kommunen. Tendenziell zeichne sich aber ab, dass in Ballungszentren die Hebesätze niedriger und in ländlichen Räumen höher ausfielen.
Was endgültig auf jeden einzelnen Steuerzahler zukommt, werden diese in den Steuerbescheiden ablesen können, die Anfang nächsten Jahres verschickt werden. Schon jetzt ist absehbar, dass es zu Belastungsverschiebungen zwischen verschiedenen Grundstücksarten kommen wird. Die Verwaltung legte eine Übersicht mit Beispielsrechnungen für unterschiedliche Grundstücksarten hervor.
Für die Grundsteuer B lassen sich folgende Tendenzen ableiten:
• Unbebaute Grundstücke werden stärker belastet.
• Kleinere Grundstücke mit hoher baulicher Nutzung werden entlastet.
• Gewerblich genutzte Immobilien in Gewerbegebieten werden entlastet.
• Wohnbebauung erfährt insgesamt eine Mehrbelastung.
• Die Grundsteuer für ältere und neuere Wohnhäuser gleicht sich an.
• Häuser mit vielen Wohnungen werden günstiger.
• Einfamilienhäuser werden tendenziell belastet.
„Wir haben in den Beispielen versucht, die ganze Bandbreite aufzuzeigen und bewusst auch Ausreißer dargestellt, zum Beispiel besonders große oder besonders kleine Grundstücke“, erläuterte Thomas Schilling. Jeder Fall sei gesondert zu betrachten, weil die Grundsteuer von vielen Faktoren abhänge, vor allem von der bisherigen Einstufung, der Größe des Grundstücks und vom Bodenwert.
Eine Staffelung der Grundsteuer-Hebesätze, um zum Beispiel die Unwucht im ländlichen Raum zulasten der Wohnbebauung auszugleichen, ist rechtlich nicht möglich. Überhaupt, so Thomas Schilling, seien die Einflussmöglichkeiten der Kommune sehr gering. Die Bewertung und das Messbetragsverfahren liegen in der Zuständigkeit des Finanzamts. Die Kommune hat darauf keinen Einfluss, sie legt lediglich den Hebesatz für die Grundsteuer fest.
„Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequelle für die Kommunen und dient der Finanzierung wichtiger Aufgaben“, betonte Thomas Schilling. Im laufenden Jahr rechnet die Stadt Wertheim mit 4,170 Mio. Euro Einnahmen aus der Grundsteuer B. Die von der Verwaltung vorgelegten Beispielsrechnungen basieren auf dem aufkommensneutralen Hebesatz für die Grundsteuer B. Es ist aber damit zu rechnen, dass der Gemeinderat im Dezember auch über eine Erhöhung berät, um mehr Einnahmen für die Finanzierung der Notfallversorgung im künftigen Bürgerspital Wertheim zu erzielen.
Die künftige Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke konnte die Verwaltung noch nicht berechnen, weil ein Viertel der Daten noch fehlt. Thomas Schilling kündigte dazu eine Aussage im Dezember an. Die Einführung einer Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke sei noch nicht rechtssicher, die Verwaltung behalte die Entwicklung im Blick.
Zur Information der Bürgerschaft hat die Stadtverwaltung auf ihrer Homepage unter „Aktuelles“ Fragen und Antworten zur neuen Grundsteuer eingestellt. Auch die Beispielsrechnungen sind dort zu sehen. Die Steuerbescheide werden ab Januar versandt, ihnen liegt dann auch ein Informationsblatt bei. Außerdem, so kündigte Thomas Schilling abschließend an, richtet die Verwaltung Anfang des Jahres eine Telefon-Hotline ein, die Bürgerinnen und Bürger bei Fragen zur neuen Grundsteuer kontaktieren können.